Noize Attack März 2025

Eventhalle Ingolstadt, 16.03.2025

Mollig gefüllt zeigt sich die Eventhalle, ungeachtet der für einen Freitag gefährlichen Uhrzeit von 19:40 Uhr, als trippige elektro Grooves aus den Boxen wummern. Unterlegt von diesem Sound hüpfen gut gelaunt die jungen Herren von ESCOBAN auf die Bühne, schnappen sich ihre Instrumente, Stille, BOOOOOM!!!!

Fett drückt der Bass aus der PA, rammt einem einen Baumstamm aus Hartholz in die Magengrube bis er die Wirbelsäule zermalmt. Honorierend tummelt sich sofort ein ausgelassen moshendes Grüppchen vor der Bühne und lässt den Boden zusätzlich beben.
Von nahezu doomigen Break Downs, über Old School HC hin zu Crust Parts mit Subbass, die ganze Palette aus massiven Soundwänden wird hier ins Publikum geballert bis einem die Luft wegbleibt.
Bei einer HC Kapelle dürfen Inhalte mit politischem Kontext sein – und Erwähnung finden, weil, es ist leider die Zeit dafür -, also, fuck off Nazis. Musikalisch höchst angenehm verpackt in eine so dermaßen rockige Abrissbirne, alter Falter. So wuchten und dreschen sich die Jungs durch ein ordentlich fettes Set und wärmen die Anwesenden heftig auf, die schubsend, hüpfend, wippend und alles andere an Ausdrucks- und Bewegungstanz vollführend die Halle von vorn bis hinten ausfüllen. Chapeau, so startet man in solch einen Abend.

Und dann zeigt er sich, der NACHTKRABB, in all seiner schwarzmetallischen Schönheit. Sirrende Gitarren leiten den Reigen ein und dann wird geballert was nur geht. Wild rockend schrabbeln die Herren so trueen Old School Black Metal von der Bühne, unterlegt von dem keifenden, aus den tiefsten Schluchten der Alpen hasserfüllt schreiendem Fabelwesen, welches wohl vor ein paar Minuten den Sänger in Besitz genommen hat und nun eine Klage an die Menschheit und die Welt herausschreit. Getrieben von einer Welle aus harsch voranschreitendem Gedresche mit melodischen Untertönen.
Und souverän zeigen sie sich auf der Bühne. Noch sind sie ja recht frisch im Livezirkus, aber es wir nicht lang dauern, dann sind sie sicherlich als etabliert, im positiven Sinn, zu sehen. Also Veranstalter, krallt euch die Jungs, bevor es jemand anders macht und ihr weint.
Groovige Versatzstücke dürfen natürlich auch nicht fehlen. Schwer stampfende Parts lockern den Sound immer wieder erfrischend auf. Lang lebe der Humpa Beat. Automatisch muss die gesamte Meute vor der Bühne geschlossen mit dem oberen Körperdrittel mitwackeln.
Leider verabschiedet man sich heute auch von einem der Sechssaiter. Aber wohl eher einvernehmlich, also muss wohl höhere Gewalt dahinterstecken. Gemeinsam brennt man aber noch ein Feuerwerkt ab, dass die FFW schon mal die Tanks füllt. An alle jungen Gitarristen mit genug Hornhaut auf den Fingerkuppen, falls hier Ersatz gesucht wird, klare Empfehlung von mir euch mal bei NACHTKRABB zu melden. Hier steckt echte Hingabe, Überzeugung und Spaß dahinter.
Der letzte Song haut dann noch mal ein derbes BM Gewitter raus, bis man sich unter grölendem Applaus verabschiedet und an

ROTTING EMPIRE übergibt.
Und da legt sie ab, die Dampfwalze des bayerischen Death Metal. Für jeden, der noch fragt, ja, hier bekommt man nix anderes geboten als genau dies. Death Metal der jedem Freund von Bolt Thrower, Obituary und Asphyx ein feuchtes Höschen macht, an dem man nach 8 Monaten noch den faulig nassen Schmodder Geruch des Death Metal Grabes zu beschnuppern vermag.
Die Herren haben natürlich ihre treue Anhängerschaft mit am Start, aber heute sicher auch wieder neue Follower erbeutet. Derbst stampfende Passagen scheppern in einer sumpfigen Monstrosität aus Florida Death lastiger Brachialität auf einen ein. Mächtig, heftig, mal treibend, mal zermalmend, immer in eine Richtung, nach vorne, komme was da wolle. Durchdringend wie ein Panzer gegen eine Rigips Wand. Ein paar grindige Einschübe hier und da, aber der schwere Groove regiert das Schlachtfeld bei diesem Spektakel.
Der Moshpit macht ein Drittel der Halle aus, in dem dicht, dicht an dicht Körperkontakt ausgelebt wird. Die Herren sind natürlich sattelfest, wenn´s um Bühnen Performance geht. Routiniert incl. standing in Line Posing der Saitenfraktion, haun sie eine Abrissbirne nach der anderen raus. Monoton stampfend, fast schon rituell, und die Menge nimmt einen tiefen Zug und geht mit ab, Hut ab und ab dafür, Prost.

AT THE ABYSS runden den Abend nun gebührend ab. Krass fett kratziger Bass schnalz über derbem Gebolze, dass einem die Darminnenwand massiert wird. Fiese Doublebass Attacken zerfetzen dann alles, was an Wabbelmasse im Körper ist, und lassen einen zermatscht von der nächsten Wand gleiten. Das erste Mal, als ich die Jungs Live sehen durfte – Stopp, da war ja mal vor so knapp 20 Jahren wohl ein Abend in einer zur Kneipe umfunktionierten vormals öffentlichen Toilette hier in IN. Da haben wir (Raa Hoor Khuit) mit AT THE ABYSS im Gepäck eines der wohl legendärsten Konzerte der regionalen Musikgeschichte gegeben. Mit allem, was es dafür braucht, Pizza die an der Decke klebt und Abdrücke von Stiefeln daneben, AN DER DECKE, rausgerissener Theke, nackten Leuten, die am nächsten Tag vor ihrem Auto lagen, das volle Programm. Beweisbilder sind sogar öffentlich einsichtbar, wenn ma weiss, wo 😉 , auch hier in der Eventhalle, hatten se mich ja schon ordentlich zerfickt, aber heute gibts eine lang ersehnte akustische zärtliche Vergewaltigung, die mich vollweg befriedigt. Grindiger Death Core, gerade raus mit Anlauf in die Fresse, damit nur noch lächelnde Gesichter zu sehen sind. Vor der Bühne zerlegt dann Mann, Frau und alles andere an Kohlenstoff basierter Lebensform, von Milbe bis Mensch, sich im gleichen Maße, wie auf der Bühne alles was sich in den Weg stellt und Schallwellen übertragen oder empfangen kann, schonungslos in seine Bestandteile zerlegt wird.
Brüllen, Grunzen, Kreischen und alles dazwischen, dringt aus der Kehle von der Frontsau an das Mikro, mit dem heute wohl kein Schallempfangsumwandlungsgerät tauschen wollen würde. Und das nicht mal wegen Gesabber. Folter und Tortur für die Membran in stimmlicher Form, eine Form, die in meinem Hirn Engelschören gleich kommt, martern das Material.
Tight as fuck – und ich mein so Hühnerfotzentight -, heavy as shit, straight forward und immer voll drauf. Gäb visuell übersetzt einen genialen Fetisch Porno für die richtig Harten, was hier zu hören ist. Hut ab, heute haben einige Physio Praxen Kunden verloren, denn die Leute gehen hier heute gut durchgeknetet nach Hause.

Ein absolut runder Abend also, breit gemischter Sound, aber alles ordentlich heftig und der Metal ist aus jeder Pore geflossen.
Stimmung top, auf, vor und neben der Bühne. Man merkt, hier steckt viel Herzblut in der Sache, ob von den Kapellen, Service, Technik, Orga und wer halt sonst so für solch einen Abend erforderlich ist. Weiter so, support your local Scene.
Wir freuen uns aufs nächste Mal. Also, bleibt am Ball, besucht die Bands auf ihren online Profilen, kauft ihren Merch und sauft ein paar Bier in der Halle, spätestens bei der nächsten Noize Attack, denn, die kommt bestimmt.

Text: Jochen Dollinger
Fotos: Synder Onler / Lars Oeschey