Dinkelsbühl 16.08. – 19.08.2023
Vom 16.08. – 19.08.2023 fand im mittelfränkischen Dinkelsbühl, dieses Jahr mit 45.000 Besuchern und viel wichtiger das zweite Mal mit uns, das Summer Breeze Open Air statt. Wir reisen am 16.08. an und stürzen uns ins Getümmel, um für euch zu berichten.
Ganze 123 Bands stehen dieses Jahr auf dem Billing. Das wird für uns und den engagierten Festivalbesucher anstrengend und man will gar nicht wissen was das für das Orgateam im Vorfeld und während des Festivals bedeutet. Wie immer strotzt die Running Order nur so von namhaften Größen: Sepultura, In Flames, Trivium, Megadeth, um nur einige zu nennen.
Die Aufteilung der Bühnen ist gleich dem letzten Jahr: Drei im Infield, Main- , T – Stage und Wera Tool Rebel Stage und die Ficken – Party – Stage auf dem Campground. Letztere ist, wie immer, eher den Newcomern vorbehalten. Wobei die Newcomer hier auch mitunter schon etablierte Namen sind.
Die Wettersituation wurde gegenüber letztem Jahr deutlich verbessert. Hierfür schonmal ein großes Lob an die Orga!
Top:
Toiletten sind immer sauber und umsonst. Auch abseits der Bühnen finden sich nützliche und wichtige Angebote, wie zum Beispiel das Awareness Zelt als ersten Anlaufpunkt bei Problemen aller Art und gratis Trinkwasser. Grundsätzlich deutlich weniger Müll als in den Jahren zuvor.
Konstruktiver Kritikpunkt: Die Verpflegung auf dem Infield. Von den Preisen wollen wir hier gar nicht sprechen. Aber es ist fast unmöglich etwas einigermaßen Reichhaltiges an dem zumindest mal ein Salatblatt vorbeigeweht wurde zu finden. Jenseits von Fleischbergen und dann vielleicht sogar noch vegan ist, wenn man sich nicht nur von Beilagen ernähren möchte, fast unmöglich.
Kurioses: Der crowdsurfende Dachs (ausgestopft, nicht vegan!), Rutschen auf dem Hornbach Stand. Und: normalerweise trifft man niemanden zufällig auf dem doch ziemlichen grossen Festival, wir haben tatsächlich unseren Bassisten samt Tochter getroffen 😉
Für die die‘s verpasst haben: Arte war auch am Start und hat in gewohnt bester Qualität einige Acts mitgeschnitten. (Siehe deren YouTube Kanal)
Wie man an fehlenden Bildern/Text sieht, waren dieses Jahr Fotograf und Schreiberling öfter mal out-of-sync 😉
Bands Mittwoch:
Ad Infinitum
Zufällig drüber gestolpert und weil es uns sonst gerade nirgends hin treibt, kurz hängen geblieben. Nicht unser Sound. Für Fans von sehr, sehr melodischem Metal bestimmt was Nettes. Die Bühnenshow ist auf jeden Fall nicht verkehrt, somit ne gute Band für den Foto – Lars, um sich warm zu fotografieren.
Anmerkung: Der Fotograf musst sich hier bereits altersbedingt und durch Einfluss äußerer Einwirkungen niederlegen 😉
Cage Fight
Auch eher zufällig vorbeigestolpert aber eins meiner absoluten Highlights des Festivals. Pure, rohe Energie. Großartige Bühnenpräsenz. Definitiv meine Neuentdeckung des Festivals. Das Publikum feiert‘s und ich mit.
Vorga
Die multinationale Band kreiert melodischen, atmosphärischen Blackmetal und setzt das live sehr druckvoll und modern um. Die Bühnenshow ist durchaus sehenswert. Insgesamt zum Sound passend alles sehr schwarz. Aufgelockert durch leuchtendes UV – Corpsepaint auf den Gesichtern der Musiker.
Sepultura
Sepultura war ja gefühlt irgendwie schon immer da. Keinesfalls müde obwohl doch schon zu später Stunde. Die können das immer noch. Krasse Energie die sich auch bis in die letzten Reihen des gut gefüllten Infields überträgt. Sepultura startet mit einigen neueren Stücken, heizt der Menge ein, schraubt die Stimmung hoch bis unter die nicht vorhandene Decke und haut der Menge dann mit dem Rausschmeisser „Roots Bloody Roots“ direkt in die Fresse. So muss ein durchdachtes Festival – Live Set ausschauen.
Extinction A.D.
Energiegeladener Thrash Metal / Hardcore oder Crossover. Bringt die Menge zum Beben und den Moshpit zum Brennen. Im Grunde genau was ein Festival um diese Uhrzeit braucht.
Capra
Irgendwie halt Hardcore und trotzdem erfrischend anders. Capra setzt auf nicht durchschaubare Songstrukturen und bedient sich auch Elementen aus allen möglichen Metal Spielarten. Sollte man definitiv einmal reinhören, auch wenn man nicht unbedingt der ultimative Harcore Fan ist.
Bands Donnerstag:
Archspire
Tech Metal at its best. Die Kanadier hauen einem extrem brutalen, extrem extremen und extrem schnellen Tech Metal um die Ohren. Superlustige oder eher superweirde Ansagen von Sänger Oliver Rae Aleron inklusive.
Trivium
Trivium kann man mittlerweile auch als absolute Urgesteine der Szene beschreiben. Machte Sänger Matt Heafy in früheren Interviews immer wieder deutlich, dass er aus der Band etwas ganz Großes machen wolle (sowas wie Metallica), kann man spätestens jetzt sagen, dass ihm und der restlichen Band, das auch gelungen ist. Und eins kann man getrost nachlegen: Besser als Metallica sind Trivium auf jeden Fall!
Groza
Ihre größte Inspiration können die Bayern nicht leugnen. Haben sie nicht nur ihren Bandnamen bei MGŁA ausgeliehen, sondern klingen auch deutlich von den Polen beeinflusst. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn die Songs sind durchaus auf einem sehr hohen Niveau und mit viel Talent gespielt. Man darf noch großes von der Band erwarten, denn Potential haben sie allemal. Jetzt gilt es das auch mit etwas mehr Eigenständigkeit und Innovation auszuschöpfen.
Obituary
Bands Freitag:
Osiah
Und wieder eine dieser technical Deathcore Bands die gerade, wie die Pilze aus dem Boden schießen. Könnte man zumindest denken, bis man den ersten Song von Osiah gehört hat. Im Gegensatz zu den meisten Genrekollegen setzt die Band nämlich vorrangig auf solides Schwermetallhandwerk statt auf orchestrale Atmosphäre. Fans von technischen Death Metal dürfte das ebenso gefallen wie Instrumenten – Affinen Deathcore Fans.
Fit for an Autopsy
Was Slayer stilbildend für Thrash Metal sind, sind Fit for an Autopsy für Deathcore. Bei dieser Band hört man deutlich, dass sie im Laufe der Bandgeschichte immer wieder an ihrem Sound und der Produktion gefeilt haben. Was auch darin gipfelt, dass sich Gitarrist Will Putney zu einem der, wenn nicht sogar dem, Produzenten der Szene gemausert hat. Man hört die Arbeit und die technische Detailverliebtheit, die in der Produktion steckt. Auch live wissen die New Jerseyaner absolut zu überzeugen und hämmern dem Publikum ein grandioses Set um die Ohren.
Dying Fetus
Kaum eine anderes Death – Metal Urgestein hat es so gut wie Dying Fetus geschafft, auch jüngeres Publikum zu begeistern. Die Band ist ein absoluter Garant für ein Abriss-Set und so liefern Dying Fetus natürlich auch auf dem Summer Breeze ab. Die Bühnenshow ist eher überschaubar, fehlt ja sogar das Backdrop, macht aber nichts. Hier steht einfach brachialer, technisch perfekter Death Metal im Vordergund.
Signs Of The Swarm
So wild wie die Geschehnisse hinter Bühne bei dieser Band in letzter Zeit waren scheint es, als würden sie aus genau diesen Wirren ihre Energie ziehen. Das zuletzt veröffentlichte Album ist das Beste und Innovativste der Bandgeschichte. Im Gegensatz zu den symphonisch dominierten Genrekollegen wie Lorna Shore, etc. muten Signs of the Swarm schon fast puristisch an. Wenig Symphonie, dafür viel Brutalität. Gefällt mir gut.
Knocked Loose
Ich weiß der Gesang von Bryan Garris ist sowas wie das Markenzeichen von Knocked Loose. Aber ein ganzes Liveset lang ist das zumindest für meine Ohren nicht erträglich. Aber das ist nur meine laienhafte Meinung. Das Songwriting der Band ist absolut brillant und innovativ. Hätte ich richtig Bock drauf, wenn der Gesang noch zum Rest passen würde.
Gaerea
Gaerea machen modernen Black Metal auf durchaus ernsthafte und doch freiheitliche Art. Inhaltlich setzen sie sich von dem klassischen Religion- oder Gegenreligion Konzept ab.
Die Texte handeln vom Dasein des Menschen in unserer modernen Gesellschaft. Isolation und Leiden werden philosophisch verpackt und mit brillanten Gitarrenleads verschmolzen.
Optisch macht die komplett schwarz verschleierte Kombo auf der Bühne einiges her und so schaffen sich die Portugiesen natürlich auch eine eigene Marke. Wie viele maskierte Bands gab es eigentlich dieses Jahr auf dem Summer Breeze?
Fuming Mouth
Orbit Culture
Bands Samstag:
Deez Nuts
Mehr Rap geht eigentlich nicht auf einem Metal Festival. Aber für diese Uhrzeit (es ist irgendwie so 14:30 rum) und dieses grandiose Wetter gibt es fast keinen passenderen Opener. Der Sound macht Spaß. Die Herren auf der Bühne haben ebenso ihre Freude und so sind alle Anwesenden happy und stürzen sich in den letzten Festivaltag.
Brand of Sacrifice
Brachialer hypermoderner Death Metal mit knackigen Elektronikelementen. Gleich mit dem opener „Dawn“ und dem darauffolgenden „Demon King“ bringen die Kanadier die Nackenmuskeln und den Moshpit zum Glühen.
Hatebreed
Die US Hardcore Institution schlechthin. Tiefe Gitarren, stampfende Rhythmen. Die Band ist bestens gelaunt und so bringen sie auch ordentlich Bewegung in die am letzten Tag doch schon recht müden Festivalknochen.
In Flames
Alter Friedrich, da hatte vielleicht jemand sogar Pipi in den Augen. Gab es doch kaum prägenderes in meiner musikalischen Wachstumsphase als die Alben Whoracle und Colony. Somit freut es mich sehr, dass sogar Klassiker, wie Behind Space vom Erstlingswerk Lunar Strain, dargeboten werden. Mehr Gänsehaut meinerseits wäre klinisch behandlungswürdig, ich kann förmlich spüren, wie mich damals allein das Mainriff weggeworfen hat. Ich könnte mir keinen besseren Abschluss für das Summer Breeze 2023 vorstellen. Schlimm ist nur die Erkenntnis, dass ein tolles Festival sein Ende gefunden hat und dass Lunar Strain bereits 1994 erschienen ist.
Decapitated
Iotunn
Last but not least bleibt nur ein herzliches Dankeschön an das Orgateam und die Grabenschlampen. Ohne euch wäre all das nicht möglich und vor allem nicht so mega entspannt. Ich bin mir ziemlich sicher dass wir uns nächstes Jahr wieder sehen.
Text: Florian Schönberger
Fotos: Lars Oeschey
Akkreditierung: German Rock e.V.